Astrologie, Kryonschule, Familienstellen

Endlich ist es genug!
- von Andrea -

Ich bin 49 Jahre alt und komme aus einem Elternhaus, in dem Religion und Glaube keine große Rolle spielten. Die Erfahrungen, die ich als Kind und Jugendliche mit der katholischen Kirche machte, waren nicht gerade positiv. Z.B. musste ich als Kind jeden Samstag zur Beichte gehen, dabei war mir gar nicht klar wieso, denn ich war mir keiner Schuld bewusst. Jedenfalls habe ich dann als junge Erwachsene der Kirche ganz den Rücken gekehrt.
Aber dennoch war da immer etwas – ich hatte oft das Gefühl, dass etwas in meinem Leben fehlte und so ist es wohl nicht verwunderlich, dass ich mich vor etwa 6 oder 7 Jahren zuerst verstärkt für die Astrologie zu interessieren begann, ich las dazu mehrere Bücher und informierte mich im Internet. Das empfand ich noch als ziemlich harmlos, denn die Astrologie hatte mich ja nicht völlig vereinnahmt und mir war damals auch noch nicht bewusst, was dahinter steckt. Und dann kamen langsam immer weitere esoterische Bereiche wie Bücher, Karten, Seminare usw. usw. hinzu. Das ging ziemlich schleichend und es sollte lange dauern, bis mir manche Zusammenhänge ganz deutlich und klar wurden.


Mit dem Familienstellen fing es wohl an

Ich glaube, es fing vor ca. 6 Jahren mit einer "systemischen Familienaufstellung" an – es war ein Wochenendkurs, zu dem mich eine Bekannte mitnahm. Sie selbst wollte an diesem Wochenende ein paar "ihrer Themen bearbeiten" (das ist eine ganz typische Eso-Ausdrucksweise.) Die ersten Aufstellungen einiger Teilnehmer verfolgte ich ganz fasziniert, denn die Geschichten der anderen waren spannend und ich konnte die "Energien" tatsächlich deutlich wahrnehmen. Am 2. Tag habe ich dann "meine" Aufstellung gemacht, ich wollte so ein altes Familienthema lösen. Die Aufstellung dauerte fast 2 Stunden und war sehr anstrengend. Ich musste auch ein paar Mal sehr heftig weinen und habe die „Energien“ der Stellvertreter und anderen Teilnehmer wieder ganz stark gefühlt. Nach diesen beiden Tagen fühlte ich mich gar nicht wohl, sondern irgendwie erschöpft und sehr traurig. Mir wurde gesagt, das sei ganz normal, da es ja nach so einer Aufstellung sehr stark in einem arbeiten würde. Ich nahm das zwar so hin, brauchte aber noch mehrere Tage, um mich wieder ganz wohl und kräftig zu fühlen.


Es ist nie genug...!

Eigentlich hätte es mir nach dem Familienstellen schon reichen und ich die Finger von weiterem esoterischem Zeug lassen sollen. Leider war das nicht so und ich begann, mir viele Bücher und Kartensets zu kaufen. Es stimmt schon, dass man sich durch diese Dinge verändert – ob zum Positiven sei einmal dahingestellt.
Man vergeistigt mehr und mehr und fühlt sich auch anderen Menschen, "die noch nicht so weit sind", überlegen. Mit diesem Verhalten habe ich bestimmt einige Menschen wie meine Familie, Freunde und Bekannte vor den Kopf gestoßen oder verletzt und dafür schäme ich mich heute noch manchmal. – Es wurde aber immer noch mehr, ich war nun ständiger Kunde in einem Eso-Laden in meiner Stadt, kaufte mir Heilsteine, diverse Bücher, CDs, DVDs, Aura-Soma-Flaschen, Engelkarten usw. Ich kann das, was einige andere Personen hier geschrieben haben, nur bestätigen: Das alles ist wie ein riesiger Wühltisch und man grabbelt und kauft sich durch diesen durch, aber egal was man macht, es ist trotzdem NIE GENUG!!! Und es gibt ständig etwas Neues auf dem "Esomarkt" - seien es Bücher, Orakelkarten, CDs, Seminare, Aura-Sprays, Steine (derzeit ist die Quantenheilung ein großer Hit) usw. usw. Ich lebe in einer Großstadt und da ist das Angebot wirklich riesig. - Zu dieser Zeit war mir zwar schon aufgefallen, dass irgendwie alle Bücher, Karten, Affirmationen usw. meist SEHR umfangreich und oft sehr kompliziert sind, und ich hegte schon leise Zweifel, ob das alles denn so richtig ist, was ich da mache.
Die „Sucht" (leider ist es eine Sucht) war jedoch stärker als meine Zweifel. Ich besuchte auch Körpertherapiekurse, lernte Massagetechniken mit spirituellem Hintergrund und es gab dazu immer Unmengen von Unterlagen, aber auch das reichte nicht aus, die Leere in mir war immer noch da. Ich weiß nicht genau, was ich eigentlich suchte - denn eine Suche war es definitiv, aber ich hätte nicht klar beschreiben können, was genau ich eigentlich suche.

Eine ehemalige Bekannte von mir war – und ist es womöglich immer noch – auch sehr in die Esoterik verstrickt. Sie war vor einigen Jahren z.B. hellauf begeistert vom "Kurs in Wundern" und schwärmte davon. Ich habe nur kurz in das Buch geschaut um zu merken, dass mir zumindest dieser Wälzer wirklich zu schräg und verquer ist. Sie hatte sich dann auch in der "Kryonschule" angemeldet und wollte diese 48 Entwicklungsschritte machen. Ich weiß nicht, ob sie die Schritte alle durchgeführt hat, ich glaube es nicht, aber es ist mir eigentlich auch egal. Kryon - und alles was damit zusammenhängt - war und ist nicht mein Ding.


Hellseher, Wahrsager, Kartenleger & Co

Da das alles ja nie genug war, begann ich auch irgendwann bei Hellsehern und Kartenlegern anzurufen. Natürlich trafen die meisten Vorhersagen nicht ein und auch hier reichte irgendwann kein einzelner Anruf so ab und zu mal aus, es wurden immer mehr. Ich denke, ich habe im Laufe der Zeit mehrere Tausend Euro für meine esoterische Odyssee ausgegeben. Ich finde dennoch, dass die meisten Berater sehr nette Menschen sind und ich glaube, ich habe auch aus Einsamkeit so oft dort angerufen. Denn zu der Zeit hatte ich mich – für mich allerdings unmerklich – schon mehr und mehr in mich zurückgezogen, ging kaum noch aus und habe Familie und Freunde vernachlässigt. Vor etwa 2 Jahren wurde ich dann auch noch arbeitslos und ich vermute, es war diese Mischung aus Esoterik, "Midlife Crisis" und Arbeitslosigkeit, die mich dann in ein richtig tiefes Loch fallen ließen. Ich ging also kaum noch aus dem Haus, war viel allein und bekam mehr und mehr Angstzustände und Panikattacken. Das ging soweit, dass ich über Monate kaum noch richtig schlafen konnte und nachts heftige Attacken hatte. Und selbst als es mir so richtig dreckig ging, habe ich nichts hinterfragt. Denn es ist doch bescheuert – obwohl man sich an ach die vielen Bücher und Ratschläge hält, Energiearbeit macht, sich mit Aura-Soma u.ä. einreibt oder was auch immer macht – wieso geht es einem dann soviel schlechter als vorher, als man noch nicht mit diesem Zeug herumexperimentiert hat? Es sollte einem doch mit Meditation, Reiki, Aura-Soma, Affirmationen usw. viel besser gehen, aber leider tut es das nicht.


Selbstmordgedanken und Psychiatrie

Ich spielte sogar mit dem Gedanken an Selbstmord und das machte mir dann irgendwann richtig Angst.
Ich ging dann zu einem Arzt und der wies mich mit meinem Einverständnis in eine psychiatrische Klinik ein. Als ich dort ankam, war ich erst einmal völlig geschockt, denn ich kam auf eine geschlossene Abteilung, auf der man die ersten Tage rund um die Uhr bewacht wird.
Ich bekam auch sehr starke Psychopharmaka - mit denen hätte man bestimmt ein Pferd betäuben können - und die Tabletten unterdrückten die Angstzustände und sorgten für einen ruhigen und tiefen Schlaf. Zum Glück wurde die Dosis schon nach kurzer Zeit herabgesetzt und ich wurde nach ca. 8 Wochen entlassen. Es ging mir langsam besser und ich war anschließend noch längere Zeit regelmäßig in ambulanter Behandlung. Ich habe noch eine ganze Weile mehrere verschiedene Medikamente genommen, die Dosis wurde aber schon bald in kleinen Schritten reduziert und mittlerweile komme ich wieder gut ohne Tabletten aus. So schlimm der Klinikaufenthalt anfangs war, in den letzten Wochen war es deutlich angenehmer und ich glaube, dass mir dieser Aufenthalt in meiner ganz schlimmen akuten Phase auch geholfen hat. Aber trotzdem möchte ich nie wieder in eine geschlossene Abteilung!!


Hilfe von einer guten Beraterin

Ich hatte auch Glück im Unglück, denn eine Beraterin, die ich früher häufig anrief, ist wirklich gut – sie lehnt jeglichen Hokuspokus, Karten, Pendel usw. strikt ab. Ich hatte mittlerweile sowieso schon Zweifel an allem und sie trug dann noch einen großen Teil dazu bei, dass ich mich radikal von allem esoterischen Zeug trennte – ich packte alles in eine große Kiste und warf es auf den Müll. Diese Beraterin sagte auch zu mir, ich solle einmal darauf achten, wie sich diese Bücher, Karten usw. anfühlen, ob warm oder kalt. Jetzt im Nachhinein ist mir das natürlich ganz klar, aber damals habe ich nicht bewusst bemerkt, wie kalt sich die Dinge anfühlen oder welch ungutes Gefühl ich eigentlich oft hatte. Die Beraterin schickte mir auch irgendwann den Link "lichtarbeit.asia" zu und über den Link bin ich auch auf diese Website gekommen. Ich bin der Beraterin darüber heute noch sehr dankbar und froh, dass wir immer noch gelegentlichen Kontakt haben.


Ende gut, alles gut?

Es war teilweise erschütternd und auch traurig, hier die unterschiedlichsten Berichte von Aussteigern aus der Esoterik und Lichtarbeit zu lesen. Aber es ist auch tröstlich zu lesen, dass es vielen anderen genauso oder ähnlich ging wie mir, wie schleichend, aber unaufhaltsam man sich mehr und mehr verstrickt, dass das alles in einer Sucht, großen Problemen, Depressionen und Selbstmordgedanken usw. enden kann. Mir geht es so, dass ich mich nachträglich frage, wie ich so blöd sein konnte, dass ich nicht schon viel früher gemerkt habe, wohin diese Reise führt. Wenn ich aber hier lese, dass es vielen so ging oder geht, fühle ich mich besser und nicht so allein mit meiner "Odyssee", die ein "normaler" Mensch wohl kaum verstehen kann.

Heute ist mein Glaube an Jesus auch noch nicht richtig stabil. Aber ich befasse mich mehr mit Jesus und der Bibel und das fühlt sich besser an. Wie es allerdings einige hier geschrieben haben, ging es auch mir mit der Esoterik nicht so, dass sie mir z.B. zu einem besseren Selbstwertgefühl oder einer "höheren Entwicklung" geholfen hätte, im Gegenteil, ich habe mich immer schlechter gefühlt bis zu dem Punkt, an dem ich mein Leben beinahe beenden wollte. Das ist heute zum Glück anders. Es geht mir deutlich besser, ich habe wieder einen guten Job und einen sehr lieben Lebensgefährten, der mit Esoterik nichts am Hut hat und der mich liebt und unterstützt. Außerdem arbeite ich noch daran, einige Kontakte, die ich früher vernachlässigt habe, wiederzubeleben.

Ich möchte allen, die hier geschrieben haben, von Herzen danken und denen, die das hier noch lesen werden, wünsche ich, dass sie ebenfalls aus der Esoterikfalle herausfinden.


Andrea



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