Aus den Fängen des Geistheilers
- von Noah -

Meine esoterische Phase begann im Alter von 16 Jahren damit, dass ich mich durch das lesen von Hermann Hesse´s "Siddharta" nach der sogenannten Erleuchtung sehnte. Das Streben nach Vollkommenheit, Perfektionismus und das sich nicht selbst gefunden haben lagen bei mir vor allem an einem mangelnden Selbstbewusstsein und fehlender Selbstliebe. Durch ständiges Suchen nach Aufmerksamkeit, Bestätigung und Antworten im Außen verschloss ich mich selbst vor meinem Inneren und übertünchte dieses unter dem Deckmantel der Disziplin.

Durch weiteres lesen von esoterischer Literatur, Meditation und Drogenkonsum strickte ich mir immer weiter meine eigene Welt, in der ich die absolute Kontrolle haben wollte. Dieser Prozess des sich zu isolieren, abschotten und an sich selbst zu arbeiten war von einem starken Egoismus angetrieben.

Mit dem Befassen von sogenannten "Verschwörungstheorien" und einer extrem einseitigen, schwarz weiß Sichtweise kam es dazu, dass ich meine eigene kleine Welt sowie mein geliebtes Umfeld immer weiter beschützen wollte und eine Angst, die ich mir selbst nicht eingestehen wollte, vor einer externen Bedrohung entwickelte. Zudem hatte ich bereits jegliche Selbstreflektion und kritische Sichtweise abgelegt und wollte nur noch das glauben und hören worauf ich Lust hatte. So kam es im Sommer 2018 dazu, dass ich im Internet auf einen "Geistheiler" stieß der sofort meine volle Zustimmung und Aufmerksamkeit hatte. Er sprach von sehr vielen Themen, wie Veganismus, der Liebe sowie einer neuen Erde die scheinbar einen hohen Wahrheitsgehalt aufwiesen und geschickt zu einem Netz der Intrige gesponnen waren, sodass ich mich darin sofort verfing und ihm auf den Leim ging.

Dazu muss ich anmerken, dass ich mittlerweile der Meinung bin, dass durch den Geistheiler destruktive, dunkle Kräfte wirken, die ihn das was er erwirkt glauben lassen, lenken und vermeintlich heilen. Ich verfiel dem Wahnsinn, wurde immer verhärteter und hatte nur noch selten Spaß und Freude am Leben. Immer wieder plagten mich zermarternde Gedanken. Für mich war es eine extreme Phase meines Lebens.

Nachdem ich den Behandlungsauftrag erteilt hatte veränderte sich vieles. Ich erfuhr das sogenannte Kundalini-Erwachen, sah die Chakren, hörte Stimmen die mich als den Auserwählten bezeichneten, hielt mich für die Reinkarnation hinduistischer Gottheiten, für Jesus und hatte sogar das Erleuchtungserlebnis und glaubte ich sei im Alter von 20 Jahren bereits am Ziel. Das war der Anfang, es stellte sich eine einer Psychose ähnelnde Phase ein, in der ich mehrmals täglich die Rituale des Heilers anwendete, um mich, mein Umfeld und Gegenstände geistig zu reinigen was sich zu einem spirituellen Waschzwang entwickelte.

Das Glauben an Fremdenergien, Besetzungen und eine Aversion gegen Körperkontakt aufgrund von Energieübertragungen schienen eine unabdingbare Notwendigkeit für diese Handlungen darzustellen. Ich glaubt durch die Rituale die Welt mit zum guten zu entwickeln. Dazu kam eine versteifte Haltung dem Essen gegenüber was darin gipfelte, dass ich mich entschloss den Versuch zu starten von Lichtnahrung zu leben. Der Gedanke dieser Lehre, ist der dass jegliche Energie die der Organismus benötigt durch Meditation und eine bestimmte Lebensweise erreicht werden kann. Eine Essstörung stellte sich ein die mit extremem Fasten verbunden war und kombiniert mit dem Kontrollzwang eine Anorexie wurde. Ich magerte stark ab.

Während all diesen Entwicklungen rechtfertigte "etwas" in meiner Gedankenwelt jeglichen Zweifel an meinem Verhalten mir selbst und meinen Mitmenschen gegenüber. Auch kritische Stimmen aus meinem Umfeld wollte ich erst nicht hören und hielt alle anderen für besetzt und manipuliert, da ich mich für den Erwachten und Auserwählte war der den anderen das Licht bringen musste. Dogmatisch und extrem war mein Verhalten und Denken und zu oft alles andere als liebevoll. Emotionen kontrollierte ich und lebte nicht, sondern führte aus. Ich glich einem Bioroboter der keine eigene Meinung hat. Erst als ich damit begann mich zu fragen, ob dies meine eigenen Gedanken waren wuchsen die Zweifel an.

Zusammen mit meiner Freundin die ich glücklicherweise zum Beginn der heftigen Phase kennenlernte und die all das miterlebt, mich leiden sah, mich ausgehalten, mir immer wieder die richtigen Denkanstöße gegeben hat und mich trotzdem lieben konnte, schaffte ich es mich aus den Fängen des Heilers zu befreien. Dazu trugen auch das Lesen der Buchreihe "Die klingenden Zedern Russlands" von Wladimir Megre, Gespräche mit Freunden und Familie sowie dem Anrufen von Jesus Christus bei. Ich entsorgte die Bücher das Heilers und bin immer noch dabei zu sortieren, welches Wissen, welches Glauben und der Wahrheit entspricht. Diese kann mit dem Herzen, im Inneren, in der Ruhe gehört werden.

Ich sehe diesen Lebensabschnitt keineswegs als negativ an. Ich habe vieles gelernt und kann der Angelegenheit auch positives abgewinnen. Die gleichen Fehler werde ich sicher nicht mehr begehen und werde zukünftig wachsamer sein. Ich danke meiner Freundin, der Familie und meinem nahen Umfeld sowie Jesus Christus von ganzem Herzen, dass sie alle zu mir gehalten und mich durch diese Phase haben gehen lassen, ohne sich von mir abzuwenden. Ich war auf Abwegen und finde wieder immer mehr zu mir zurück und zurück zu Gott.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich davor warnen Geistheilern, Gurus und Lehrmeistern zu folgen. Sie gehen ihren eigenen Weg und verfolgen ihre Interessen. Sobald jemand selbst die Verantwortung für sein Denken und Handeln abgibt und nur noch das ausführt was Autoritäten diktieren, wird er zur Marionette. Und dies findet in jedem Lebensbereich statt.

Herzliche, sonnige Grüße und vielen Dank für die Möglichkeit mir dies von der Seele zu schreiben und möglicherweise anderen in Verarbeitungsprozess zu inspirieren.



Noah



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